Räuberische Erpressung
Liebe Unioner!
Wenn Vorwürfe gegen Beschuldigte erhoben werden, die letztlich in einer Anklage münden, gilt es immer wieder sehr sorgfältig zu prüfen, inwieweit die gegen einen Angeklagten vorgetragenen Vorwürfe auch tatsächlich vorliegen oder ob nicht gegebenenfalls ganz andere Straftatbestände erfüllt sind, was dazu führen kann, dass eine ursprünglich zu erwartende Strafe wesentlich günstiger ausfällt.
Dies sei an einem Beispiel kurz erläutert: Oft werden Vorwürfe gegen Angeklagte gerichtet, die in den §§ 249 ff StGB geregelt sind. Dabei geht es um Raub und Erpressung. Ich habe das Problem auch in früheren Artikeln schon einmal beleuchtet, insbesondere bei der Problematik der Wegnahme von Fanschals mit Gewalt.
Eine ähnliche Situation ergibt sich, sofern einem Angeklagten eine Straftat nach § 255 StGB, das ist die räuberische Erpressung, vorgeworfen wird. Hier ist geregelt, dass jemand, der durch Gewalt oder unter Androhung, dass der von ihm angegriffenen Person ein erhebliches Übel zustoße, wenn er die Sache, die der Angeklagte begehrt, nicht herausgebe, wie ein Räuber bestraft wird.
Raubtaten sind aber Verbrechen, die mit einer Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe bestraft werden, nur in minder schweren Fällen kann auf eine Strafe von „nur“ sechs Monaten Freiheitsstrafe erkannt werden.
Das ist ein erhebliches Risiko für den Angeklagten, weil zwar zunächst solche Freiheitsstrafen, wenn sie nicht höher als zwei Jahre sind, regelmäßig zur Bewährung ausgesetzt werden, aber solche Strafen auf jeden Fall Eintragungen im Bundeszentralregister und im Führungszeugnis zur Folge haben. Weiterhin besteht die Gefahr, dass, soweit sich ein Angeklagter, der zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wird und sich in der daran anschließenden Bewährungszeit nicht bewährt, damit rechnen muss, dass die Bewährung widerrufen wird und die ursprünglich angedrohte Freiheitsstrafe vollstreckt wird.
Die Frage stellt sich nur, ob eine in der Anklage vorgeworfene räuberische Erpressung sich auch als eine solche herausstellt. Zunächst wird hier im Einzelnen zu prüfen sein, ob tatsächlich Gewalt angewandt worden ist oder ob alternativ die angegriffene Person so bedroht wurde, dass sie damit rechnen musste, Gefahr für Leib und Leben zu befürchten.
Selbst wenn dieser Umstand gegeben ist, bleibt aber immer noch zu beachten, inwieweit überhaupt der Angeklagte den Gegenstand, den er möglicherweise durch Androhung von Gewalt bekommen wollte, auch behalten und sich zueignen wollte.
Hier gibt es oft kleine aber entscheidende Unterschiede in der Begehung einer solchen Tat, weil z.B. der Umstand, dass der vom Angeklagten Angegriffene aufgefordert wird, einen Gegenstand zu zeigen, so z.B. Fankleidung, einen Schal oder auch ein Handy, nicht von vornherein unterstellt werden kann, dass er diesen auch tatsächlich der anderen Person wegnehmen und für sich behalten wollte.
Ist ein solcher Nachweis nicht möglich, wird man den Angeklagten auch nicht wegen einer räuberischen Erpressung verurteilen können. Das heißt nun aber nicht, dass er etwa straffrei aus der Sache herausgehen würde, wenn er tatsächlich unter Androhung oder Ausübung von Gewalt eine andere Person zu einem gewissen Handeln genötigt hat. Wenn ein solches dem Angeklagten vorwerfbares Handeln festgestellt werden kann, ist der Angeklagte zwar nicht wegen einer räuberischen Erpressung, aber wegen einer Nötigung zu verurteilen.
Das kann dann zwar immer noch zu einer hohen Strafe führen, im Gegensatz zur räuberischen Erpressung ist die Nötigung aber kein Verbrechen, sondern ein Vergehen, sodass bei einer Verurteilung auch auf eine Geldstrafe erkannt werden kann.
Das ist für einen Angeklagten natürlich schon von erheblicher Bedeutung, wenn die mit einer Freiheitsstrafe verbundenen gefährlichen Folgen für ihn wegfallen und möglicherweise bei einem Ersttäter auf eine Geldstrafe mit nicht mehr als 90 Tagessätzen erkannt wird, die dann noch nicht in einem Führungszeugnis auftaucht.
Eisern Union
Rechtsanwalt Dirk Gräning